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Ein reissender Bergbach

Vom Büblein, das überall hat mitgenommen sein wollen

Denk an! Das Büblein ist einmal
Spazieren gegangen im Wiesental;
Da wurd's müd' gar sehr
Und sagt': "Ich kann nicht mehr;
Wenn nur was käme
Und mich mitnähme!"

Da ist das Bächlein geflossen kommen
Und hat's Büblein mitgenommen;
Das Büblein hat sich auf's Bächlein gesetzt
Und hat gesagt: "So gefällt mir's jetzt."
Aber was meinst du? das Bächlein war kalt,
Das hat das Büblein gespürt gar bald;
Es hat's gefroren gar sehr,
Es sagt': "Ich kann nicht mehr;
Wenn nur was käme
Und mich mitnähme!"

Da ist das Schifflein geschwommen kommen
Und hat's Büblein mitgenommen;
Das Büblein hat sich auf's Schifflein gesetzt
Und hat gesagt: "Da gefällt mir's jetzt."
Aber sieh'st du? das Schifflein war schmal,
Das Büblein denkt; da fall' ich einmal;
Da fürcht't es sich gar sehr
Und sagt': "Ich mag nicht mehr;
Wenn nur was käme
Und mich mitnähme!"

Da ist die Schnecke gekrochen gekommen
Und hat's Büblein mitgenommen:
Das Büblein hat sich in's Schneckenhäuslein gesetzt
Und hat gesagt: "Da gefällt mir's jetzt."
Aber denk! die Schnecke war kein Gaul,
Sie war im Kriechen gar zu faul;
Dem Büblein ging's langsam zu sehr;
Es sagt': "Ich mag nicht mehr;
Wenn nur was käme
Und mich mitnähme!"

Da ist der Reiter geritten gekommen,
Der hat's Büblein mitgenommen;
Das Büblein hat sich hinten auf's Pferd gesetzt
Und hat gesagt: "So gefällt mir's jetzt!"
Aber gib acht! das ging wie der Wind!
Es ging dem Büblein gar zu geschwind;
Es hopft darauf hin und her
Und schreit: "Ich kann nicht mehr;
Wenn nur was käme
Und mich mitnähme!"

Da ist ein Baum ihm in's Haar gekommen;
Und hat das Büblein mitgenommen;
Er hat's gehängt an einem Ast gar hoch,
Dort hängt das Büblein und zappelt noch.

Das Kind fragt: Ist denn das Büblein gestorben?

Antwort: Nein! es zappelt ja noch! Morgen gehen wir 'raus und thun's 'runter.

Friedrich Rückert (1788 - 1866), deutscher Dichter

Interpretationen

Heutzutage sind viele Menschen ständig auf der Suche nach der nächsten großen "Sache" - das neueste Smartphone, die aufregendste Reise oder die spannendste Karrierechance.

Doch oft führt diese Suche zu einer Art ständiger Unzufriedenheit. Das "Büblein" von heute wechselt vielleicht nicht von Bach zu Schnecke, aber es springt von einer Ablenkung zur nächsten, immer auf der Suche nach dem, was es glücklich machen könnte.

Wir denken, dass Rückert uns aufzeigen möchte, dass das wahre Glück nicht im ständigen Streben nach mehr liegt, sondern im Finden von Zufriedenheit in dem, was wir haben.

Wie interpretierst du das Gedicht? Welche Gedanken löst es in dir aus?

 

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Antwort 1
Ich teile eure Interpretation. Ich denke, dass Ende (der zappelnde Junge im Baum) symbolisiert den Zustand, den man durch das ständige Springen von einer Sache zur nächsten erreicht. Man kommt nicht mehr voran (der Baum bewegt sich nicht), man ist die ganze Zeit verzweifelt und unruhig (der zappelnde Junge) und verliert den Bezug zur Realität (der Junge hängt kopfüber).

Christoph schreibt: Ich musste bei dem Gedicht von Rückert an ein Zitat von Laotse denken. „Der Weise strebt nicht nach dem, was er nicht hat, sondern nutzt das, was er hat.“

Wer war Friedrich Rückert?

Friedrich Rückert (1788 - 1866) war ein bedeutender deutscher Dichter und Übersetzer, der vor allem durch seine Lyrik und seine Übersetzungen orientalischer Poesie bekannt wurde.

Er schrieb zahlreiche Gedichte, die von tiefen Gefühlen und philosophischen Gedanken geprägt sind, und war ein Meister der Sprachkunst. Rückerts Werk wird bis heute wegen seiner sprachlichen Schönheit und seiner tiefen Weisheit geschätzt.

Zu seinen bekanntesten Werken gehören:

Passende Zitate zum Gedicht

„Nicht derjenige ist reich, der viel hat, sondern derjenige, der wenig bedarf.“

Epikur von Samos (341 - 271 v. Chr.), griechischer Philosoph

„Im Leben gibt es nur zwei Tragödien: Die eine ist, nicht zu bekommen, was man will, die andere ist, es zu bekommen.“

Oscar Wilde (1854 - 1900), irischer Schriftsteller

„Wer zufrieden ist, ist reich.“

Laotse, legendärer chinesischer Philosoph, der im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll 

 

"Gedichte lernen" auf blueprints

Hier findest du weitere schöne Gedichte und Anregungen auf blueprints.

Clemens Brentano über das Glück – das Gedicht mit Ergänzungen

Dieses wunderschöne Gedicht wird immer wieder Clemens von Brentano zugeschrieben. Dies konnte aber bis dato nicht belegt werden. Wie dem auch sei, es ist ein nachdenkenswerter, aufbauender Appell, das Glück zu suchen, zu sehen und es zu teilen. Weiter unten findest du dann (weitere) Gedichte von Clemens Brentano.

Glück

Glück ist gar nicht mal so selten,
Glück wird überall beschert,
Vieles kann als Glück uns gelten,
was das Leben uns so lehrt.

Glück ist jeder neue Morgen,
Glück ist bunte Blumenpracht,
Glück sind Tage ohne Sorgen,
Glück ist, wenn man fröhlich lacht.

Hier weiterlesen

Gedichte leichter lernen – oder sie einfach nur lesend genießen

Gedichte lernen leicht gemacht – mit den Tricks der Gedächtniskünstler wirst du Gedichte und andere Texte deutlich müheloser erinnern.

Bevor du weiterliest, präge dir bitte den folgenden Reim ein. Stoppe die benötigte Zeit.

Falls du keine Gedichte auswendig lernen möchtest, dann lass dich einfach von den schönen, bewegenden Gedichten im Beitrag berühren.

Das Gedicht "Frühling" von Eduard Mörike

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land

Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!

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Spaghetti | Gedicht von Joachim Ringelnatz

Nur eins von tausend Engelein
Stehe mir ausnahmsweise jetzt bei.
Denn die Spaghetti - Schlänglein
Entklitschen immer dicht vorm Mund.
Und das sieht aus wie Schweinerei
Und sticht die ganze Zunge wund.
Und ich bin doch hier feiner
Kaufleute Gast und schaufle schon
Zwei Stunden rum an der Portion
Und sie wird gar nicht kleiner.

aus Taschenkrümel,1922, Joachim Ringelnatz (1883 - 1934)

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„Ich hab dich so lieb - ich würde dir ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken.“

Joachim Ringelnatz (1883 - 1934), deutscher Lyriker, Erzähler und Maler 

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Vereinsamt von Friedrich Wilhelm Nietzsche - Interpretation des Gedichtes

Vereinsamt

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. -
Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist Du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?

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Feldeinsamkeit

Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
Und sende lange meinen Blick nach oben,
Von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlass,
Von Himmelsbläue wundersam umwoben. 

Hier weiterlesen

 

Geschrieben von

blueprints
Susanne Behn

Autorin.

https://www.blueprints.de

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