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Gleich und gleich gesellt sich gernWussten Sie, dass viele Tierarten dauerhafte und enge Freundschaften schließen? Das ist in der Zoologie seit langem bekannt. Rätselhaft blieb bisher, wie diese Beziehungen entstehen. KognitionsbiologInnen der Universitäten Wien und Zürich haben bei der Beobachtung von Schimpansen entdeckt, dass diese jene Artgenossen als Freunde wählen, welche ähnliche Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Auch hier gilt: Gleich und Gleich gesellt sich gern.

Wissenschaftler wollen in Studien herausgefunden haben, dass fehlende Freundschaften/Beziehungen für das Überleben eines Menschen so schädlich sind wie 15 Zigaretten pro Tag. Doch niemand fühlt sich in Gesellschaft wohl, die den eigenen Werten und Interessen diametral entgegengesetzt agiert. Zwar ziehen sich manchmal auch Gegensätze an, ein extrovertierter Freund kann für mich als Schüchternen eine praktische Ergänzung sein, aber auf lange Sicht halten Freundschaften vor allem, wenn ein ausbalanciertes Geben und Nehmen gelingt. Meiner Meinung nach gelingt das beiden Parteien leichter, wenn die Interessen und Veranlagungen ähnlich gelagert sind. Ich muss mich dann nicht zwingen, dies und das mitzumachen, was mein Freund will. Ich will es dann auch. Am Anfang einer Liebesbeziehung bleibt solch ein Auseinanderklaffen der Interessen noch weitgehend folgenlos, da die Geliebte allein ausreicht mir jeden Ort und jede Tätigkeit als Himmel auf Erden erscheinen zu lassen. Leider lässt diese besondere Form der Strahlung mit der Zeit ein wenig nach.

Oder nehmen wir das Problem unterschiedlicher Meinungen. Ich diskutiere gerne und es reizt mich, für einen Standpunkt zu kämpfen. Aber angenehm ist es mir nicht, ständig meine Ansichten gegen anders gelagerte Auffassungen verteidigen zu müssen. Meine Freundschaften und Mitarbeiter suche ich mir lieber unter den Menschen aus, die mir bei der Sicht der Welt nahe stehen. 

Mögen Sie es, wenn Sie das Gefühl haben, der/die Andere empfindet Verärgerung ob Ihrer ihn störenden Mängel? Ich denke, so gut wie niemand wird das unberührt lassen – die besondere Spezies der Psychopathen einmal ausgenommen. Nein, wir fühlen uns wohl unter Menschen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie uns schätzen, brauchen und mögen. Auch dies – Sie ahnen es – ist unter Menschen gleicher Veranlagung und Interessen viel leichter möglich. Neben dem engagierten Sportler, der täglich auf einen Triathlon trainiert, wird sich der selbstbewussteste Couch-Potatorianer auf Dauer unwohl fühlen.

Schauen wir uns an, wie sich diese menschlichen Phänomene bei den Affen zeigen. Jorg Massen vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien erforschte gemeinsam mit Sonja Koski von der Universität Zürich die Persönlichkeit von Schimpansen in zwei Zoos. Schimpansen sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen und bewohnen das mittlere Afrika. Anhand von jahrelangen Beobachtungen zeichneten sie auf, welche Schimpansen die meiste Zeit miteinander in Körperkontakt standen. "Das gilt als klares Zeichen von Freundschaft zwischen Schimpansen", erläuterte Massen.

Parallel wurden über Verhaltensexperimente die Persönlichkeitsmuster der Menschenaffen erfasst. Anschließend verglichen die Wissenschaftlerinnen, ob jene Schimpansen, die häufig zusammen waren und somit Freundschaft geschlossen hatten, ähnliche oder unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen hatten.

"Wir fanden heraus, dass unter nicht verwandten Freunden die geselligsten und mutigsten Individuen die Gesellschaft von anderen sehr geselligen und mutigen Tieren bevorzugten, während schüchterne Schimpansen die meiste Zeit mit ähnlich scheuen Artgenossen verbrachten", fasst Jorg Massen die Ergebnisse zusammen. Als Grund wird vermutet, dass bei ähnlichen Verhaltensmustern von befreundeten Tieren deren Zusammenarbeit besser und zuverlässiger funktioniert.

Diese Ergebnisse entsprechen auch dem oben besprochenen "Ähnlichkeits-Effekt" bei Menschen: Wir tendieren zu Freundschaften mit Menschen, die ähnlich extrovertiert, freundlich und mutig sind wie wir selbst. "Es scheint, dass die Ähnlichkeit in Verhaltensmustern wie Geselligkeit und Mut das ist, was Freundschaften sowohl zwischen Schimpansen als auch zwischen Menschen entstehen und sie in weiterer Folge zusammenhalten lässt. Wir vermuten, dass diese Präferenz noch von den letzten gemeinsamen Vorfahren stammt", mutmaßt Jorg Massen abschließend.

Siehe auch: Publikation in "Evolution and Human Behaviour"

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach.

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