
Die drei Söhne von Leo Tolstoi
Drei Frauen trafen sich am Brunnen beim Wasser holen. Nicht weit davon saß ein alter Mann auf einer Bank und hörte, wie die Frauen ihre Söhne lobten.
"Mein Sohn", sagte die erste, "ist so geschickt, dass er alle anderen hinter sich lässt ..."
"Mein Sohn", stand die zweite Frau nicht nach, "singt so schön wie die Nachtigall! Es gibt keinen, der eine so schöne Stimme hat wie er ..."
"Und warum lobst du deinen Sohn nicht?", fragten sie die Dritte, weil diese schwieg.
"Er hat nichts, was ich besonders loben könnte", entgegnete sie. "Mein Sohn ist nur ein gewöhnlicher Knabe, er hat nichts Außergewöhnliches an sich und in sich ..."
Die Frauen füllten ihre Eimer und schritten heim. Der alte Mann ging langsam hinterher. Die Eimer der drei Frauen waren schwer und die müden Hände schwach. Deshalb legten die Frauen auf halber Strecke eine Ruhepause ein, denn der Rücken tat ihnen auch noch weh.
Da kamen ihnen drei Jungen entgegen. Der erste stellte sich auf die Hände und schlug Rad um Rad. Die Frauen riefen angetan: "Welch ein geschickter Junge!" Der zweite sang herrlich wie eine Nachtigall, und die Frauen lauschten mit Tränen in den Augen. Der dritte Junge lief zu seiner Mutter, hob deren Eimer auf und trug diese heim.
Da bemerkten die Frauen den alten Mann neben sich und fragten: "Was sagst du zu unseren Söhnen?"
"Wieso Söhne?", fragte der alte Mann verwundert. "Ich sehe nur einen einzigen Sohn!"
Aus dem Buch "Was wiegt dein Leben" von Peter Bödeker und Michael Behn
Gedanken zur Geschichte "Die Drei Söhne" von Leo Tolstoi
Wir mussten darüber nachdenken, welche Werte und Talente in der Gesellschaft bewundert werden und zumeist im Fokus stehen. Sich gut verkaufen können, Geschicklichkeit und künstlerisches Talent sind sichtbar und beeindruckend, aber sie sind nicht immer mit moralischen Tugenden verbunden.
Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit und praktische Unterstützung hingegen sind oft weniger sichtbar, aber für das zwischenmenschliche Zusammenleben von großer Bedeutung.
Gerade in der heutigen Gesellschaft, in der Menschen oft von äußerem Erfolg und Talent fasziniert sind, erinnert die Geschichte uns daran, dass wahre Größe in der Fähigkeit liegt, anderen zu helfen, nicht abzuheben und sich ein wenig Demut zu bewahren. Diese Werte sind zeitlos und sollten ebenso geschätzt werden wie sichtbare Talente.
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Antwort 1
Um Ihnen nicht eine banale Antwort zu geben, möchte ich Ihnen keine geben. Das erinnert mich allerdings an das Gleichnis der beiden Söhne, die in den Weinberg gehen sollten.
Antwort 2
Der alte Mann hat wohl keine Söhne. Söhne hat man, und liebt man (!), unabhängig von ihrem Verhalten.
Drei Sätze zum russischen Schriftsteller und Philosophen Tolstoi
Leo Tolstoi war ein russischer Schriftsteller und Philosoph des 19. Jahrhunderts, der für seine epischen Romane wie "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina" bekannt ist. Neben seiner literarischen Arbeit beschäftigte er sich intensiv mit ethischen und spirituellen Fragen und entwickelte eine Philosophie der Gewaltlosigkeit und des einfachen Lebens.
Tolstois Werke und Ideen beeinflussten zahlreiche Denker und Bewegungen, darunter Mahatma Gandhi und die Bürgerrechtsbewegung.
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Persönliche Werte – die Liste der 120 Werte und warum du deine Werte definieren solltest
Persönliche Werte beschreiben, WIE wir mit Menschen umgehen, uns auf dem Weg zu unseren Zielen verhalten wollen und unser Leben gestalten möchten. Diese persönlichen Werte sind uns jedoch nicht immer bewusst. Da sie aber auf dem persönlichen Weg förderlich oder hinderlich sein können, ist es hilfreich, seine Werte zu kennen.
Was sind deine Werte? Warum fördern sie das Selbstbewusstsein und welche Vorteile haben Werte noch? Wir laden dich zu einer kurzen, einfachen Übung ein. Nutze die Anleitung in drei Schritten, um deine persönlichen Werte zu definieren.
Hier weiterlesen: Persönliche Werte
Seneca über wahre Freude - Zitat

Seneca über wahre Freude - Zitat
„Eine Freude, die von außen kommt, wird uns auch wieder verlassen. Jene Werte aber, die im Inneren wurzeln, sind zuverlässig und dauernd.“
Lucius Annaeus Seneca (etwa 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.), römischer Philosoph
Hier weiterlesen: Seneca über wahre Freude - Zitat
Leo N. Tolstoi
Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, * 28. August 1828 in Jasnaja Poljana bei Tula, † 7. November 1910 in Astapowo war ein russischer Schriftsteller. Seine Hauptwerke Krieg und Frieden und Anna Karenina sind Klassiker des realistischen Romans. Er entstammte dem russischen Adelsgeschlecht der Tolstois und war das vierte von fünf Kindern.
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Leo Tolstoi - Der Igel und das Kalb - Interpretation

Leo Tolstoi - Der Igel und das Kalb - Interpretation der Fabel
Ein Kalb entdeckte einen Igel und sprach: "Ich fresse dich!"
Der Igel wusste nicht, dass Kälber keine Igel fressen, erschrak, rollte sich ein und fauchte: "Versuch es doch!"
Mit erhobenem Schwanz fing das einfältige Kalb an zu hüpfen, stieß mit den Hörnern in die Luft, spreizte die Vorderfüße und beleckte den Igel.
"Oi, oi, oi", brüllte das Kalb und rannte zur Kuh-Mutter und beklagte sich: "Der Igel hat mich in die Zunge gestochen."
Hier weiterlesen: Leo Tolstoi - Der Igel und das Kalb - Interpretation
Die Stute und der Ackergaul (von Leo Tolstoi)

Die Stute und der Ackergaul
Eine hübsche Stute war Tag und Nacht auf der Weide und nie vor dem Pflug; ein Ackergaul aber weidete nur des Nachts und musste tagsüber pflügen.
Die Stute sagte zum Ackergaul: "Warum rackerst du dich so ab? Ich an deiner Stelle würde einfach nicht hingehen. Und wenn dir der Bauer mit der Peitsche kommt, komm du ihm mit deinen Hufen!"
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Die drei Fragen (von Leo Tolstoi)
Die drei Fragen (von Leo Tolstoi)
Es war einmal ein König, dem kam der Gedanke, dass man niemals einen Fehlschlag erleiden könnte, wenn man stets im Voraus wüsste, wann jedes Ding zu beginnen sei, mit welchen Menschen man sich abzugeben habe und mit welchen nicht und welche der zu lösenden Aufgaben die allerdringendste wäre.
Nachdem der König darüber nachgegrübelt hatte, ließ er im ganzen Lande verkünden, dass er denjenigen königlich belohnen wolle, der ihn lehren würde, wie man für jede Aufgabe die richtige Zeit finden könnte, welches die wichtigsten Leute seien und welche Aufgabe am dringlichsten sei.
Da erschienen beim König gelehrte Leute und gaben ihm die verschiedensten Ratschläge. Einige meinten, man müsse sich ein Verzeichnis der Tage, der Monate und des Jahres machen und sich streng danach richten. Wieder andere behaupteten, dass es unmöglich sei, im Voraus zu wissen, welche Aufgabe zu einer bestimmten Zeit zu erledigen sei. Man müsse einfach stets auf den Gang der Dinge achten, um im gegebenen Augenblick das Notwendigste zu tun. Die dritte Gruppe behauptete, dass ein einzelner Mensch nicht in der Lage sei, immer die richtige Entscheidung zur rechten Zeit zu treffen. Deshalb brauche er weise Ratgeber, auf die er hören müsse, um dann entsprechend zu handeln. Die vierte Gruppe meinte, dass es Dinge gäbe, die keinen Aufschub zuließen. In solchen Fällen habe man sofort eine Entscheidung zu treffen, ohne die Meinung seiner Ratgeber einzuholen. Um aber zu wissen, was in solchen Fällen zu tun sei, müsse man im Voraus wissen, was geschehen würde, und das könnten nur Zauberer oder Wahrsager wissen.
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Doku: Leo Tolstoi oder das unhaltbare Leben
Länge: 27 Minuten
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