Johanniskraut für die Psyche
Johanniskraut-Präparate werden häufig als Stimmungsaufheller zur Linderung der Symptome von Depressionen vermarktet wird, aber es kann Nebenwirkungen haben.
Natürliche Heilmittel sind für viele attraktiv, auch für Menschen, die mit Depressionen leben oder unter depressiven Symptomen leiden. Natürliche Methoden sind weit verbreitet und Teil der reichen Kulturgeschichte vieler Menschen.
Wenn du nach natürlichen Heilmitteln gegen Depressionen suchst, bist du wahrscheinlich schon auf das Johanniskraut gestoßen, das es schon seit Tausenden von Jahren gibt. Aber hilft Johanniskraut-Extrakt tatsächlich bei Depressionen? Und falls ja, was sind mögliche Nebenwirkungen und was sollte man bei der Einnahme von Johanniskraut beachten?
1. Was ist Johanniskraut?
Johanniskraut (Hypericum perforatum) ist eine Heilpflanze mit gelben Blüten aus der Familie der Johanniskrautgewächse, die zur Herstellung von pflanzlichen Medikamenten verwendet wird. Den Namen hat die Pflanze bekommen, weil sie in der Zeit um den Johannistag am 24. Juni herum blüht.
Einigen Forschungsergebnissen zufolge können Johanniskraut-Produkte unsere Stimmung und Laune verbessern und so die depressiven Verstimmungen und Niedergeschlagenheit lindern. Die Wirkung soll darauf beruhen, dass der Wirkstoff im Johanniskraut enthaltene Wirkstoff Hyperforin möglicherweise den Serotoninspiegel in unserem Körper beeinflusst - ein ähnlicher Mechanismus, wie man ihn von einigen Antidepressiva kennt.
Generell können Johanniskraut-Extrakte zur Behandlung vieler Beschwerden eingesetzt werden, von Schlaflosigkeit bis hin zu Muskelschmerzen. Es ist als Tablette, zur äußerlichen Anwendung (z.B. als Johanniskrautöl) und als Flüssigkeit (Tinktur) erhältlich.
Nach Angaben des National Center for Complementary and Integrative Health (NCCIH) gibt es eine ganze Reihe von Forschungsergebnissen über die kurzfristigen Auswirkungen von Johanniskraut auf Depressionen. Danach soll Johanniskraut vor allem für leichte bis mittelschwere Depressionen geeignet sein. Über die Langzeitwirkung von Johanniskraut gibt es jedoch weit weniger Untersuchungen. "Weitere Informationen zu Johanniskraut findest du in diesem Artikel."
2. Kann Johanniskraut bei Depressionen helfen?
Die Forschung darüber, ob Johanniskraut Depressionen wirksam behandelt, ist allerdings uneinheitlich.
Einige Experten sagen, dass Johanniskraut die Symptome von depressiven Erkrankungen zu verringern scheint. Aber es sind noch weitere Untersuchungen nötig, bevor wir wirklich wissen, wie wirksam das Ergänzungsmittel ist.
Die NCCIH zitiert eine Überprüfung von 29 internationalen Studien aus dem Jahr 2008, die zu dem Schluss kommt, dass
"Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen besser als ein Placebo und ebenso wirksam wie verschiedene verschreibungspflichtige Standard-Antidepressiva sein kann."
Eine vom NCCIH und NIMH finanzierte klinische Studie mit 73 Teilnehmern aus dem Jahr 2011 ergab jedoch, dass Johanniskraut und das Antidepressivum Citalopram (ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer oder SSRI) die Symptome leichter Depressionen in gleichem Maße verringerten wie ein Placebo.
Auch eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2016 über Johanniskraut bei schweren depressiven Störungen ergab, dass das Präparat bei leichten und mittelschweren Depressionen wirksamer war als ein Placebo. Es ist jedoch anzumerken, dass diese Untersuchung keine Ergebnisse für schwere Depressionen enthielt.
Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann die Wirkung und Wirksamkeit von Johanniskraut von Person zu Person und von Studie zu Studie variieren. Ein guter nächster Schritt wäre, dich mit deinem Arzt oder Psychiater zu beraten, um herauszufinden, welche Option für dich am besten geeignet ist, vor allem wenn du nach einem natürlichen Mittel suchst.
3. Wie viel Johanniskraut nimmt man bei depressiven Verstimmungen ein?
In Deutschland ist Johanniskraut nicht als Arzneimittel zur Behandlung von Depressionen zugelassen.
Laut Dr. Sam Zand, Psychiater, Gründer und medizinischer Leiter von Better U, liegt die am häufigsten untersuchte Dosis von Johanniskraut bei etwa 900 mg, die oft in Form von 450 mg zweimal täglich oder 300 mg dreimal täglich eingenommen wird. Das ist auch die Dosis, die in dem bekannten Johanniskraut-Produkt Laif 900 enthalten ist.
Beachte, dass es sehr wichtig ist, vor der Einnahme von Johanniskraut einen Arzt zu konsultieren, insbesondere, wenn du auch andere Medikamente einnimmst. Denn ein wesentlicher Nachteil von Johanniskraut ist es, dass es häufig zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommt.
4. Wechselwirkungen mit Medikamenten: Antidepressiva und andere Medikamente
Es ist wichtig, dass du deinen Arzt oder Apotheker konsultierst, bevor du ein neues Präparat einnimmst, und Johanniskraut ist da keine Ausnahme. Es kann verschiedene Nebenwirkungen haben und mit deinen bestehenden Medikamenten, einschließlich Antidepressiva, zusammenwirken.
Johanniskraut kann mit einigen Antidepressiva interagieren. Es besteht das Risiko eines potenziell lebensbedrohlichen Anstiegs deines Serotoninspiegels, dem Serotonin-Syndrom, welches sogar tödlich enden kann.
Wenn du ein Antidepressivum eingenommen hast und es vor kurzem abgesetzt hast, solltest du mit deinem Arzt sprechen, bevor du Johanniskraut einnimmst, da dein Serotoninspiegel noch erhöht sein könnte.
Johanniskraut kann auch die Wirksamkeit einiger Medikamente abschwächen oder verstärken, z. B:
- die Anti-Baby-Pille
- bestimmte Herzmedikamente
- Immunsuppressiva
- Schmerzmittel
- einige HIV-Medikamente
- einige Krebsmedikamente
- manche Blutverdünner
Johanniskraut kann auch dann gefährlich sein, wenn du keine anderen Medikamente einnimmst. Die Enzyme, die dieses Medikament abbauen, funktionieren bei manchen Menschen nicht richtig. Auch verschiedene Lebensmittel können diese Enzyme verändern, so dass es schwierig ist, vorherzusagen, wer dieses Medikament sicher einnehmen kann.
Deswegen ist es wohl am besten, mit einer niedrigen Dosis anzufangen und die Dosis langsam zu erhöhen, um die anfänglichen Nebenwirkungen zu beobachten und notfalls in Schach halten zu können. So kann sich auch der Körper langsam an das pflanzliche Medikament gewöhnen.
4.1. Welche Lebensmittel bei der Einnahme von Johanniskraut zu meiden sind
Patienten wird empfohlen, bei der Einnahme von Johanniskraut auf Lebensmittel und Getränke zu achten, die eine Chemikalie namens Tyramin enthalten. Denn es kann zu einer gefährlichen Wechselwirkung kommen, wenn Johanniskraut mit Tyramin kombiniert wird. Diese Kombination kann zu hohem Blutdruck, schneller Herzfrequenz bis hin zum Delirium führen.
Beispiele für Lebensmittel mit hohem Tyramingehalt sind
- starker oder gereifter Käse,
- gepökeltes Fleisch,
- eingelegte oder fermentierte Lebensmittel
- und getrocknete oder überreife Früchte.
5. Was sind mögliche Nebenwirkungen?
Durch die Einnahme von Johanniskraut-Extrakten kann es vor allem zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
- Verwirrung
- Schwindelgefühl
- trockener Mund
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Sexuelle Dysfunktion
- Empfindlichkeit gegenüber der Sonne
- Magen-Darm-Beschwerden
Es gibt außerdem Berichte, dass Johanniskraut die Psychose-Symptome bei Menschen mit bipolarer Störung oder Schizophrenie verschlimmert.
6. Johanniskraut und Unfruchtbarkeit
Einige Hinweise deuten darauf hin, dass Johanniskraut die Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnte, indem es laut einer Laborstudie aus dem Jahr 1999 die Spermienbewegung und laut einer Tierstudie aus dem Jahr 1999 die Eizellen negativ beeinflusst.
In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2006 stellte man fest, dass es nicht ratsam ist, Johanniskraut während der Schwangerschaft zu verwenden, solange keine qualitativ hochwertigen Studien am Menschen gezeigt haben, dass es als sicher gilt.
7. Fazit
Es gibt Hinweise darauf, dass Johanniskraut bei depressiven Symptomen helfen kann. Experten raten jedoch davon ab, Depressionen alleine zu Hause zu behandeln oder Johanniskraut-Zubereitungen als Ersatz für herkömmliche Therapien zu verwenden.
Von Vitaminen über Lebensmittel bis hin zur psychedelischen Therapie gibt es verschiedene alternative (und natürliche) Ansätze zur Behandlung von Depressionen.
Eine der besten Möglichkeiten, dich und deine psychische Gesundheit zu unterstützen, ist es, mit einem Psychiater oder einem Psychotherapeuten über alle Möglichkeiten zu sprechen, die dir zur Verfügung stehen.
Quellen:
- Apaydin E, et al. (2016.) A systematic review of St. John’s wort for major depressive disorder.
systematicreviewsjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13643-016-0325-2 - Dugoua J-J, et al. Safety and efficacy of St. John's wort (hypericum) during pregnancy and lactation.
pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17085775/ - Fraize N. (2022.) Personal interview.
- Ondrizek RR, et al. (1999). An alternative medicine study of herbal effects on the penetration of zona-free hamster oocytes and the integrity of sperm deoxyribonucleic acid.
fertstert.org/article/S0015-0282(98)00476-2/fulltext - Ondrizek RR, et al. (1999). Inhibition of human sperm motility by specific herbs used in alternative medicine.
ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3455739/ - St. John's wort and depression: In-depth.
nccih.nih.gov/health/st-johns-wort-and-depression-in-depth - Zand S. (2022.) Personal interview.
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