Johari Fenster – der einfache, schwere Weg zu mehr Selbstbewusstsein
So mancher möchte selbst-bewusster werden. So geschrieben wird klar, dass das mit dem Wissen über uns selbst zu tun hat.
Es gibt allerdings in der Selbstwahrnehmung Lücken, Verzerrungen und Schutzmechanismen, die verhindern, dass das Wissen über sich selbst vollständig und "richtig" ist.
1955 entwickelten zwei Amerikaner ein Modell, das in seiner zeitlosen Einfachheit noch heute hilft, das Thema Selbstbewusstsein zu beleuchten und Entwicklung zu ermöglichen. Nutze die Übungen und Anregungen, schätze dich auch selbst ein und werde selbstbewusster.
JOseph Luft und HARry Inghams Fenster (JOHARI)
Die amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham von der Universität von Kalifornien entwickelten 1955 ein grafisches Modell, das Veränderungen von Fremd- und Selbstwahrnehmung abbildet. Das Fenster zeigt die bewussten und unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale zwischen uns selbst und anderen bzw. einer Gruppe. Es geht bei der praktischen Arbeit mit dem Modell vor allem darum, die Selbstwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung abzugleichen, um die Zusammenarbeit und das Verständnis innerhalb von Gruppen zu verbessern.
Der Name Johari Fenster wurde aus den Vornamen der Erfinder gebildet (siehe Überschrift). Mit Hilfe des Johari Fensters wird vor allem der so genannte „blinde Fleck“ einer Person dargestellt.
Die jeweiligen Bereiche des Fensters zeigen auf, welche Aspekte uns und/oder unserer Umwelt bewusst oder nicht bewusst sind.
Seit den 60er Jahren hat das Johari Fenster einen festen Platz zur Demonstration der Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung und gehört zum Standardrepertoire gruppendynamischer Modelle und Verfahren.
Umfrage und Selbsteinschätzung zum Thema
Wir möchten dich einladen, zur Einstimmung in das Thema an einer Umfrage teilzunehmen. So bekommen die Inhalte und Übungen für einen selbst mehr Relevanz und du kannst die Einschätzung der anderen blueprints-Leserinnen und -Leser auf dich wirken lassen.
Wie gut kennst du dich?
Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓
Die bisherigen Stimmen:
Ich kann meine Außenwirkung nicht immer gut einschätzen. | 495 Stimmen |
Ich kenne mich sehr gut. | 421 Stimmen |
Ich kann mein Verhalten gegenüber anderen gut einschätzen. | 335 Stimmen |
Ich kann mein Verhalten gegenüber anderen nicht immer gut einschätzen. | 297 Stimmen |
Ich habe das Gefühl, dass ich mich manchmal zu wenig selber kenne. | 288 Stimmen |
Ich kann meine Außenwirkung gut einschätzen. | 194 Stimmen |
Wie gut kennt dein Umfeld dich?
Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓
Die bisherigen Stimmen:
Ich bin recht offen, habe aber einige wenige Geheimnisse, die ich für mich behalte. | 393 Stimmen |
Ich habe wenige, denen ich wirklich etwas Persönliches anvertraue. | 346 Stimmen |
Meine nahen Verwandten und Freunde wissen viel über mich. | 307 Stimmen |
Mein gesamtes Umfeld kennt mich gut. | 99 Stimmen |
Ich habe viele Geheimnisse, die niemand kennen soll. | 90 Stimmen |
Ich habe niemanden, dem ich etwas Persönliches anvertraue. | 27 Stimmen |
So funktioniert das Johari-Experiment
Schritt 1: Selbsteinschätzung – 6 Adjektive auswählen
Im ersten Schritt des Johari-Experiments erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Liste mit Adjektiven. Aus diesen soll jeder fünf oder sechs auswählen, die ihre Persönlichkeit am besten beschreiben.
Die 56 Werte des Johari-Experiments:
- akzeptierend
- albern
- angespannt
- anpassungsfähig
- aufmerksam
- bescheiden
- bestimmt
- energievoll
- entspannt
- extrovertiert
- fähig
- freundlich
- fürsorglich
- geduldig
- geschickt
- genial
- glücklich
- großzügig
- heiter
- hilfreich
- idealistisch
- intelligent
- introvertiert
- kompetent
- komplex
- kühn
- liebevoll
- logisch
- mächtig
- mitfühlend
- nachdenklich
- nervös
- nett
- organisiert
- reaktionsschnell
- reif
- religiös
- ruhig
- scheu
- schlau
- selbstbewusst
- selbstsicher
- sentimental
- spontan
- still
- stolz
- suchend
- tapfer
- unabhängig
- verlässlich
- vernünftig
- vertrauenswürdig
- warmherzig
- weise
- witzig
- würdevoll
Schritt 2: Fremdeinschätzung meiner Person – wieder 6 Adjektive auswählen
Nach der Selbsteinschätzung folgt nun im zweiten Schritt die Fremdeinschätzung. Dazu erhalten die Gruppenmitglieder dieselbe Liste. Nun muss jeder der anderen Gruppenmitglieder seinerseits fünf oder sechs Adjektive auswählen, die ihre Kollegin oder ihren Kollegen bestmöglich beschreiben.
Schritt 3: Einordnung in das Johari-Fenster
Im dritten Schritt werden die Adjektive in die Felder des Johari Fensters eingeordnet.
Die Punkte, die jemand selbst und sein Umfeld ähnlich sehen, gehören in das Fenster öffentliche Person. Aber auch die Punkte, die jemandem von anderen zurück gemeldet werden, sind nun nicht mehr im Bereich des blinden Flecks, sondern ebenfalls öffentliche Person.
Sollte derjenige nun noch Aspekte von sich preisgeben, die das Umfeld nicht weiß, dann werden Punkte vom Bereich Privatperson in den Bereich der öffentlichen Person verschoben.
Johari Fenster Grafik, es existieren verschiedenste Darstellungsformen und Bezeichnungen der Felder
Die Interpretation des Ergebnisses findest du in Punkt 4. Wozu du das Johari-Fenster-Experiment durchführen solltest, welche Vorteile sich daraus für dich ergeben, erläutern wir in Punkt 5.
Der Johari Fenster Test als Download
Hier kannst du einen Test zum Johari Fenster als kostenfreien Download herunterladen.
Zum Download
Interpretation des Ergebnisses vom Johari-Experiment anhand der vier Felder
Die vier Felder ergeben sich aus dem, was uns bekannt ist oder nicht und was anderen über uns bekannt ist oder nicht.
Öffentlich (die öffentliche Person)
Dieser Teil des gemeinsamen Wissens beinhaltet jene Aspekte des Verhaltens, die dem Betroffenen und seinem Umfeld bekannt sind. Da der Betroffene dieses Verhalten kennt, kann er es (bis auf unveränderbare Handlungen) verändern und die Reaktionen seiner Umwelt beobachten.
Zur öffentlichen Person zählen:
- äußere Merkmale (z. B.: Erscheinungsbild, Umgangsformen oder körperliche Reaktionen)
- persönliche Eigenschaften (z. B.: Ängstlichkeit, Arroganz, Ehrgeiz)
- Einstellungen (z. B. Glauben, Moral, Werte)
Im Vergleich zu den anderen Teilen ist dieser Ausschnitt zumeist klein. Die Faktoren, die Beziehungen stören oder verbessern, sind zumeist in den anderen Feldern.
Beispiele:
- Herr Müller weiß, dass er mitunter extrem extrovertiert ist und zu viel redet. Auch sein Team weiß das und kann sich so darauf einstellen und ihn daran erinnern.
- Sabine meidet schwierige Telefonate – sie ist dann immer extrem nervös. Ihr Team weiß das und hilft ihr in solchen Fällen.
Geheim (Privatperson, meine Geheimnisse)
Hier befinden sich die Aspekte des Denkens und Handelns, die dem Betroffenen bewusst sind und die sie oder er vor seiner Umwelt verbirgt oder nicht bekannt macht.
"Heimliche Wünsche", "empfindliche Stellen" und "tiefe Ängste" sind Beispiele. Bewusst kann jemand an diesen Punkten arbeiten, sie mit anderen besprechen und gezielt alternative Verhaltensmöglichkeiten erarbeiten.
Beispiele:
- Herr Müller ist in Teammeetings häufig nervös. Er hat Angst, etwas Falsches zu sagen. Deswegen hält er sich sehr zurück. Seine Kolleginnen und Kollegen interpretieren das häufig als Desinteresse.
- Georg ist introvertiert. Er hat Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Das ist ihm äußerst peinlich. Leider bringt er sich und andere dadurch immer wieder in Gefahr.
Unbekanntes
Dieser Teil umfasst den unbewussten Bereich und ist weder dem Betroffenen noch seiner Umwelt unmittelbar zugänglich. In der Tiefenpsychologie wird dieser Anteil als "unbewusst" bezeichnet und kann dort zum Gegenstand der Arbeit werden.
Beispiele sind verborgene Talente, ungenützte Begabungen oder traumatische Erlebnisse. Diese zeigen sich zwar in Verhaltensweisen, Antrieben oder psychosomatischen Reaktionen, aber deren Ursachen sind unklar. Weder dem Betroffenen noch seiner Umwelt sind sie bewusst oder bekannt.
Beispiele:
- Herr Müller ist ein großes Organisationstalent. Leider wissen weder er noch sein Team das.
- Frauke ist immer angespannt und kann keine wirkliche Nähe zulassen.
Blinder Fleck
Hier befindet sich der Anteil des Verhaltens, den jemand selbst über sich nicht weiß oder wahrnehmen will.
Die Umwelt hingegen nimmt diese Verhaltensweisen wahr. Diese unbewussten Gewohnheiten und Verhaltensweisen können wir uns bewusst machen. Dazu müssen wir Hinweise in Form von Feedback bewusst aufnehmen oder aktiv erfragen. Auch Verärgerung und Konflikte können helfen, Anteile des blinden Flecks zu erkennen.
Da wir in diesem Fall mehr über unser Verhalten und unsere Wirkung wissen, wird der blinde Fleck verkleinert und in den Quadrant "Öffentlich" transportiert. Nun haben wir die Möglichkeit, wo gewollt, Veränderungen in unserem Verhalten herbeiführen. Die Faktoren im Bereich des blinden Flecks sind für die Zusammenarbeit und die Beziehungen häufig besonders wichtig.
Wie groß die einzelnen Quadranten sind, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es ist abhängig vom Umfeld (z. B. wie viel Feedback bekommt jemand von anderen) und wie gut kennt jemand sich selbst. Generell ist es hilfreich, den blinden Fleck zu verkleinern und auch manche Aspekte der Privatperson öffentlich zu machen.
Beispiel:
- Herr Müller ist dankbar für berechtigte Kritik, reagiert körpersprachlich aber abwehrend und verletzt. Mittlerweile mag ihm keiner mehr Rückmeldungen geben.
- Jens erzählt ständig und langatmig, was er alles bereits gemacht und geleistet hat.
Weitere Beispiele für generelle blinde Flecken:
- Arrogant wirkendes Auftreten
- Abwehrende Verhaltensweisen bei Kritik
- Ständige Belehrungen
- Kein Vertrauen in andere
- Eindruck von Gesprächspartnern, dass wir nicht zuhören
- Unbewusste Gewohnheiten (sprachlich, körpersprachlich)
- Belehrende Kommunikation
- Vorurteile
- Killerphrasen
Beitrag: Der blinde Fleck – eine kurze Übung für mehr Selbstbewusstsein
Beitrag: Kritik als Chance – selbstbewusster werden
Kritik als Chance sehen – und selbstbewusster werden
Ob privat oder im Beruf - Kritik ist wichtig, um zu begreifen und zu reifen. Doch das mit der Kritik ist nicht so einfach, denn es sollten einige Regeln beachtet werden, damit Kritik Veränderungen auslösen kann. Denn eigentlich ist Kritik das, was uns wirklich vorwärtsbringt, wenn sie dem Empfänger hilft, sich weiterzuentwickeln.
Generell sollte Kritik so vorgebracht werden, dass eine weitere gute Beziehung oder bessere Zusammenarbeit möglich ist. Ob du deinem Partner Feedback gibst oder ein Mitarbeitergespräch führst, das hilfreiche Prinzip ist immer dasselbe. Probiere es einmal auf die folgende bewährte Vorgehensweise. Du und der Empfänger werden positiv überrascht sein und zusätzlich stärkt es das Selbstbewusstsein.
Selbstbewusster durch Kritik werden ► Die Vorteile von Kritik ► Richtig Kritik geben ► Wie ich innerlich klug mit Kritik umgehe ► Was ist bei Kritik wichtig? ► Umfrage ► Pareto-Tipp zum Thema ► Weitere Beiträge und Übungen zum Thema "Kommunikation"
„Mensch, erkenne dich selbst, dann weißt du alles.“
Sokrates (470 - 399 v. Chr.), griechischer Philosoph
Welches Selbstbild hast du? Wo liegt dein blinder Fleck?
Wie mir das Johari-Fenster-Experiment bei meiner persönlichen Entwicklung helfen kann
Joseph Luft sieht als ein Ziel durch das Lernen in der Gruppendynamik, den gemeinsamen Handlungsspielraum transparenter und weiter zu gestalten.
Im Johari Fenster wird dabei die öffentliche Person immer größer, die anderen drei Quadranten werden kleiner. Dies muss durch "immer mehr preisgeben" erfolgen und dadurch, dass ich den blinden Fleck verkleinere. Wir werden uns unserer selbst bewusster und brauchen weniger Energie, um bestimmte Sachverhalte vor der Umwelt zu verstecken.
- Beispiel: "Wenn ich meine Legasthenie" öffentlich mache, dann brauche ich keine Angst mehr davor zu haben, weil Rechtschreibfehler passieren. Ich sorge einfach für notwendiges Korrekturlesen und könnte daran arbeiten, soweit es möglich ist.
Außerdem haben wir mehr Möglichkeiten an uns zu arbeiten, wenn wir uns selbst durch das Feedback anderer besser kennen lernen. Wir erhalten durch Feedback die Entscheidungsmöglichkeit, ob wir Verhaltensweisen ändern wollen oder nicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Selbstbewusste weniger emotional reagiert, weil jemand seine Schwächen, Empfindlichkeiten und Tretminen kennt.
Nutzen des Johari Fensters für jeden Einzelnen
- Nicht bewusste Verhaltensweisen werden mir bewusst – mein blinder Fleck wird kleiner.
- Ich kann entscheiden, ob ich das mir nun bewusste Verhalten ändern möchte.
- Durch bewusstes Öffentlich machen von Geheimnissen oder zurückgehaltenen Informationen können Ängste reduziert und innere Anspannung verringert werden.
- Wenn ich eine Schwäche kenne, dann reagiere ich nicht mehr so empfindlich, wenn andere mich darauf aufmerksam machen.
- Da mir der Nutzen deutlicher wird, hole ich aktiv Feedback ein.
Vorteile für die Gruppe
- Gegenseitiges Verständnis untereinander wird erhöht, da mehr Information zu besserem Verständnis führt.
- Die Beziehungen untereinander werden verbessert oder stabilisiert.
- Die Gruppenmitglieder lernen sich schneller kennen, weil jeder bewusst darauf achtet, dass alle ihren öffentlichen Bereich vergrößern.
- Da Stärken und Schwächen transparenter sind, kann die Gruppe prüfen, ob bei bestimmten Aufgaben eine Neuorganisation hilfreich wäre.
Gefahr und Nachteil dieser Arbeit
Nicht jeder ist es gewohnt, sich mehr zu öffnen und an sich zu arbeiten. Wird der Gruppendruck durch das Verhalten der anderen zu groß, kann dies zu Fluchttendenzen, Ausgrenzung etc. führen.
Eine erfahrene Führungskraft oder andere Begleiter sind dann in solchen Prozessen besonders wichtig.
Johari Fenster - eine Ergänzungsübung
Eine weitere Übung, die an das Johari Fenster "angelehnt" ist , findest du auf blueprints. Es handelt sich um eine Potentialanalyse mit Selbst- und Fremdbildabgleich. Sie hilft dabei, selbstbewusster zu werden.
Hier kannst du die Übung kostenfrei herunterladen.
Zum Download
Den Artikel zur Übung findest du hier:
Stärken und Schwächen – warum wir sie kennen sollten
Stärken und Schwächen herausfinden
Stärken und Schwächen herausfinden – warum wir sie kennen sollten
Videos zum Johari Fenster
Video: Das Johari Fenster – Pink University GmbH
Länge: 1:44 Minuten
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