Einst gab es einen großen König, der war auch ein meisterhafter Krieger. Er war stolz darauf, dass ihn keiner besiegen konnte. Doch eines Tages, bei einer Jagd, sah er etwas, das ihm seine Zuversicht nahm.
Der König starrte auf einen Pfeil, der genau im Zentrum einer winzig kleinen Zielscheibe steckte, welche auf einen Baum aufgemalt war. Der König wusste aus seiner Ausbildungszeit, dass ein solcher Schuss extrem schwierig war. Er würde nie einen solch perfekten Pfeil schießen können. Da war er sich sicher.
"Wer war dies?", frage der König spontan. Gleichzeitig überkam ihn eine Angst, dass sich der Schütze irgendwo verborgen hielt und vielleicht gerade auf ihn zielte. Mit solch einer Fähigkeit würde er ihn von großer Distanz mühelos treffen.
Als der König zurück in den Palast kam, sendete er einen ganzen Trupp aus, diesen Krieger zu suchen und zu finden. Die Männer gaben sich alle Mühe und durchsuchten den gesamten Wald, doch sie entdeckten keine Spur von dem Unbekannten.
Und es kam schlimmer.
Am nächsten Morgen sah der König wieder einen großen Pfeil im Zentrum einer winzigen Zielscheibe stecken. Diesmal inmitten des königlichen Parkes. Nach kurzer Suche fanden sich zahlreiche weitere Minizielscheiben mit einem Pfeilloch exakt in der Mitte.
Der König bekam Panik. Er ließ Handzettel drucken, auf denen eine große Belohnung für die Ergreifung des Schützen ausgesetzt wurde.
Der potentielle Attentäter blieb unentdeckt. Unser König litt alsbald unter schlaflosen Nächten, nichts konnte ihn mehr erheitern, nach einigen Tagen mochte er gar nichts mehr essen. So wurde er schwer krank.
Da war das Schicksal dem König gnädig: Der unbekannte Krieger wurde gefasst. Es handelte sich um einen fünfjährigen Jungen, der lediglich mit einer Unterhose bekleidet mit einem kleinen Bogen vor dem König stand.
"Bis du derjenige, welcher die Pfeile mitten ins Zentrum dieser winzigen Zielscheiben schoss?", wollte der König - ungläubig, aber mit unendlicher Erleichterung - wissen.
"Ja", antwortete der Junge knapp.
"Wie ist es dir gelungen, die Pfeile immer wieder exakt in die Mitte der Zielscheibe zu lenken?"
"Oh, das ist ganz einfach. Ich habe zuerst den Pfeil abgeschossen. Wenn er einen Baum traf, bin ich hingegangen und habe die Zielscheibe drum herum gemalt."
Quelle unbekannt, nacherzählt von Peter Bödeker
Diese Geschichte will uns daran erinnern, dass der allergrößte Teil unserer Sorgen unnötig sind. Nie treten all die Probleme in die Realität, mit denen wir unser Gemüt belasten. Diese unnötigen Sorgen haben aber sehr wohl einen realen Effekt: sie verdunkeln unseren Geist, kosten uns Kraft und verhindern kühne Taten. Diese Belastungen erleichtern den Einfall von Zorn, Wut und Angst in unserem Geist. Die Freude inneren Friedens wird abgewürgt.
Die Geschichte will zu Vertrauen und Hoffnung als gesunde Geisteshaltung animieren. Wie oft malen wir uns in unserem Kopf riesige Krieger aus, und stehen am Ende vor einem freundlichen, fünfjährigen Jungen? Auch hier ist Achtsamkeit der Schlüssel, diese Dinge in unserem Leben erst einmal wahrzunehmen. Unterstützend könnte man seine Sorgen schriftlich festhalten und diese jedes Mal bei Nichteintreten verbrennen.
Kein Übel ist so groß wie die Angst davor.
Lucius Annaeus Seneca, * ca. 4 v. Chr, † 65 n. Chr., römischer Politiker, Rhetor, Philosoph und Schriftsteller
Ein jeder Mensch sollte wissen, dass alle kleinen Vorfälle, welche dieses vorübergehende Leben beunruhigen können, sich in der Ewigkeit verlieren.
Voltaire, * 1694, † 1778, französischer Philosoph der Aufklärung, Historiker und Autor
Von allen Sorgen, die ich mir machte, sind die meisten nicht eingetroffen.
Sven Anders Hedin, * 1865 in Stockholm, † 1952, schwedischer Geograph und Reiseschriftsteller