In vielen Vertriebsseminaren ist die Einwandbehandlung ein Thema. Den Seminarteilnehmern wird aufgezeigt, wie sie auf Einwände der Kunden reagieren sollten. Diese Betrachtungsweise ist unserer Meinung nach problematisch.
Die Wortwahl prägt die Einstellung
Mit dem Wort kommt das Bild. Worte lösen Vorstellungen und Einstellungen aus, und der Verstand stellt daraufhin entsprechende Verhaltensweisen bereit. Der Begriff Einwand ist assoziiert mit Worten wie Mauer, Wand, Widerstand und weckt Aggression - und das ist problematisch.
Die Situation beim Partner ist besser umschrieben mit: seine Meinung, seine Ansicht, seine Äußerung, sein Konflikt. Diese Begriffe belassen das Problem dort, wo es ist, nämlich beim Gesprächspartner. Begreift der Verkäufer dies, wird er zum problemlösenden Partner. Begreift er dies nicht, wird er zum "Überredenden", zum "Frontkämpfer". Er erlebt zwangsläufig aufgrund einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung eine Verkaufsfront. Der Käufer wird erlebt als Gegner und nicht als ein (Geschäfts-) Partner.
Jeder Verkäufer sollte für sich klären, wie er seine Kunden sieht. Ist er Gegner, Partner oder Freund? Eines sicher nicht: Gegner. Viel eher Partner, der seinen Part beiträgt, auch den anfangs eventuell negativen.
- "Das ist mir zu teuer", heißt nicht zwangsläufig, "der Preis ist zu hoch"
- "Das ist mir zu teuer", heißt nicht zwangsläufig, "Ihr seid zu teuer", sondern kann auch heißen "für den geplanten Verwendungszweck wollte ich nicht so viel investieren".
Äußerungen des Partners sind also nicht positiv oder negativ, sie sind einfach da!
Der lernwillige Verkäufer sieht Äußerungen realistisch. Er denkt weder positiv noch negativ, er unterliegt keinem Selbstbetrug. Dadurch kann er alle Aspekte der jeweiligen Kundenaussage aufnehmen und entsprechend vernünftig reagieren. Es ist daher ein wesentlicher Schritt der Persönlichkeitsentwicklung in Richtung Reife, sich von negativ und positiv zu lösen und Situationen realistisch betrachten zu lernen.
Negative Wahrnehmung prägt negatives Verhalten, dieses wiederum führt zu negativen Reaktionen. Der Prozess der sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird meist dadurch ausgelöst, dass ein negatives Vorurteil projiziert wird.
Der realistische Verkäufer nimmt die Äußerungen an (und oft sogar ohne Vorurteile auf) und hilft, die dahinter liegenden Konflikte zu lösen.
Derjenige, der aggressiv überredet und überzeugt, setzt sich durch. Einmalgeschäfte mögen mit derart "primitiven" Mitteln gerade noch möglich sein. Langfristige Kundenbeziehungen, Partnerschaften oder sogar eine Geschäftsfreundschaft sind so nicht möglich.
Autoren: Horst Rückle und Michael Behn, hr-know-how-pool