Freiheit des Willens - ja oder nein - eine Anekdote
Der englische Philosoph John Locke wurde zu nächtlicher Stunde des Öfteren von seinen Geistesblitzen aus dem Schlaf geholt. Da lag er dann, der kluge Mann, und überlegte, ob er aufstehen und in sein Arbeitszimmer gehen sollte. Dort könnte er die Eingebung festhalten und in der nächtlichen Ruhe von allen Seiten durchdenken.
So geschah es auch in dieser Nacht. Herr Locke lag im Bett und überlegte, was er tun sollte. Wenn er aufstand, müsste er das gemütliche Bett räumen. Es würde abkühlen und seine Behaglichkeit verlieren. Zudem würde ihn die biestige Vermieterin am nächsten Morgen traktieren. Sie hatte sich schon oft über seine nächtlichen Besuche im Arbeitszimmer beschwert, obwohl er sich stets so leise wie möglich verhielt.
Auf der anderen Seite - wenn er in den Daunen verbleiben würde - wäre der Gedanke erfahrungsgemäß am kommenden Tage verschwunden. Was tun?

Nach einigem Hin und Her entschied sich Herr Locke für das Bett.
Am nächsten Morgen erhob er sich mit dem ersten Klappern in der Küche. Doch trotzdem er noch auf der Bettkante in seinem Gehirn nach dem nächtlichen Einfall suchte, wollte dieser nicht zu ihm zurückkehren.
"Egal, ich habe mich frei für diese Möglichkeit entschieden. Die Gefahr des Vergessens war mir bewusst", murmelte Herr Locke, stand auf und ging zur Tür. Er stellte fest, dass die Tür von außen verschlossen war. Herrn Locke war sofort klar: Seine Vermieterin hatte rigoros seine nächtlichen Wanderungen unterbunden.
Mit der Hand auf der Türklinke kamen ihm mit einem Mal Zweifel. Hatte er in der Nacht wirklich die freie Wahl gehabt?
Bevor du weiterliest: Antworte bitte, gebe kurz deine jetzige Meinung zu der Frage von John Locke ab:
Was meinst du - hatte John Locke in der Nacht die freie Wahl gehabt?
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Die bisherigen Stimmen:
Ja. | 68 Stimmen |
Das kann man so und so sehen. | 30 Stimmen |
Nein. | 17 Stimmen |
Gedanken zur freien Wahl des Menschen
John Locke begann mit diesem persönlichen Erlebnis gerne seine Ausführungen zum Thema "Freiheit". Ihm ging es darum aufzuzeigen, wie komplex die Frage, ob es einen freien Willen gibt, sein kann.
Es gibt für diese Frage keine kurze oder eindeutige Antwort.
Vielmehr sollte man sich verdeutlichen, wie stark unsere persönlichen Entscheidungsmöglichkeiten und sogar unser vermeintlich eigener Wille von gesellschaftlichen Regeln, eingeimpften Glaubenssätzen, genetischen Prädispositionen, den Gesetzen und so etwas wie einer verschlossenen Tür determiniert werden. Hinzu kommt die komplexe Welt der Neigungen und Triebe.
Zumeist können wir nicht so genau sagen, was alles bei einer Entscheidung eine Rolle spielt.
Einige Philosophen schlugen in diesem Zusammenhang eine Differenzierung in "Negative Freiheit" und "Positive Freiheit" vor. Nach Isaiah Berlin ist negative Freiheit ein Zustand der Freiheit, in dem keine von anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern.
Beispiele:
- Die Tür ist unverschlossen, Herr Locke könnte diese (theoretisch) öffnen und seinen nächtlichen Aktivitäten nachgehen.
- Anderes Beispiel: Ich kann meine Meinung äußern, ohne hierdurch negative Konsequenzen zu fürchten.
Die positive Freiheit wird hingegen als "Freiheit zu [etwas]" aufgefasst.
Beispiele:
- Herr Locke ist gesundheitlich in der Lage, das Bett zu verlassen und besitzt die Kraft, dies auch zu tun.
- Ich habe zusätzlich zur Meinungsfreiheit auch Zugang zu öffentlichen Kommunikationsmitteln.
- Viele gehen so weit, Positive Freiheit erst dann anzuerkennen, wenn die Freiheit auch wirklich ausgenutzt wird. Herr Locke also aufsteht, die Meinungsfreiheit im zweiten Beispiel auch in reale Äußerung mündet.
Die Begriffe Negative und Positive Freiheit werden sowohl auf Willens- als auch auf Handlungsfreiheit angewendet.
Umfrage zum Thema "Freiheit des Willens"
Bisherige Antworten von Leserinnen und Lesern:
- Mein Willen muss frei sein, dessen Folgen aber entzieht sich meiner Entscheidung.
- Ich kann machen, was ich will, also bin ich frei. Meine Umgebung hingegen versucht, weil wir in einer Gesellschaft leben, mir diese Freiheit zu berauben, weil ich mit meiner Freiheit Sachen tuen könnte, welche nach ihrer Meinung ihre Freiheit beschädigt.
Was sind deine Gedanken zum Thema -Freiheit des Willens-?
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Antwort 1
Meine Freiheit hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt. Freiheit ist nicht unendlich, aber wichtig.
Antwort 2
Ich WILL soviel.......anderen Menschen helfen, weiterhin die SOS- Kinderdörfer unterstützen und den blinden Kindern Operationen finanzieren. Bin jetzt an eine Grenze geraten, wo ich für meine von ehrlichem Herzen kommenden Spenden keine Kredite bekommen werde .Ich bete seit vielen vielen Jahren ( ich bin jetzt 65 Jahre alt) Jeden Morgen und Jeden Abend zu Gott und danke dafür , dass ich diesen Tag erleben darf und danke, dass er seine schützende Hand über mich hält. Warum ist mein Wille nicht Gottes Wille ?
Antwort 3
Erlauben Sie mir eine Antwort 3
Ich bin über 80 und das Ergebnis meiner langen Jahre ist: der Mensch hat keinen freien Willen!!!!
Was er sich als freien Willen einbildet ist lediglich die Auswahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Diese Auswahl wird bestimmt von Genetik, Erziehung, Gesellschaft usw,usw
Das was uns im Leben passiert ist von Anfang bis Ende vorgeplant. Unser Problem ist, wir wissen nicht was für morgen geplant ist.-Wir haben dafür Bezeichnungen wie Vorsehung, Schicksal usw.Wir Christen nennen die "zentrale Schaltstelle" Gott!
Abschließend zu Antwort 2 -- "Warum ist mein Wille nicht Gottes Wille"
Antwort--Suche nach Gottes Wille, dann wirst Du Erfolg haben.Dein "Wille" ist belanglos!
oldi
Antwort 4
Frei kann man erst dann sein, wenn Menschen vernunftbedingt ihre eigene Freiheit einschränken. Nur so kann jeder frei sein.
Antwort 5
Wir werden sehr oft durch Erziehung und Regeln der Gesellschaft beeinflusst.
Antwort 6
Ich kann mich frei fühlen… aber wie frei darf ich sein: ich habe Gesetze zu beachten, meinen Nächsten zu respektieren andere Regeln einzuhalten etc.
Vielleicht ist Freiheit (bei allem Respekt und Liebe dazu) ein individuelles Gefühl? Ich fühle mich manchmal frei… Ich mache was ich möchte… aber Freiheit…
Wer war John Locke?
Locke war ein englischer Denker aus dem 17. Jahrhundert und gilt allgemein als der "Vater des Liberalismus". Geboren wurde er im Jahr 1632 in Wrington, England, zu einer Zeit, die von Umbrüchen und Konflikten geprägt war.
Locke kam aus einfachen Verhältnissen
Sein Vater war ein Landanwalt und Parlamentssoldat während des englischen Bürgerkriegs. Dieser Hintergrund prägte Locke insofern, als er die Werte von Freiheit und Unabhängigkeit schätzte, was in seinem späteren Denken zum Ausdruck kam. Er hatte das Glück, an der renommierten Westminster Schule in London und später an der University of Oxford studieren zu können.
Ein Vertreter des Empirismus
Bekannt wurde Locke hauptsächlich durch seine Arbeit in den Bereichen Philosophie, Medizin und Politik. Er war ein Vertreter des Empirismus - einer Theorie, die besagt, dass unser Wissen aus Erfahrung stammt. Eine seiner bekanntesten Thesen ist die Idee vom menschlichen Geist als "tabula rasa" oder "leeres Blatt", auf dem Erfahrungen und Wahrnehmungen Wissen schaffen. Diese Ansicht stand im starken Kontrast zu der damals weit verbreiteten Vorstellung, dass Menschen mit bestimmtem Wissen oder Fähigkeiten geboren werden.
Der politische Aktivist
Locke war aber nicht nur ein Denker, sondern auch ein politischer Aktivist. Er glaubte fest an die Ideen von Freiheit und Gleichheit. In seinem berühmten Werk "Zwei Abhandlungen über die Regierung" argumentierte er gegen die göttlichen Rechte der Könige und behauptete stattdessen, dass die Macht der Regierung aus der Zustimmung der Regierten stammt. Er war ein starker Befürworter von Eigentumsrechten und glaubte, dass diese durch Arbeit erworben werden. Gleichzeitig betonte er aber auch die Bedeutung einer gerechten Gesellschaft, in der niemand ohne das Notwendigste leben sollte.
Seine Gedanken über Erziehung
Locke spielte auch eine wichtige Rolle in der Geschichte der Erziehung. In seinem Buch "Gedanken über Erziehung" plädierte er für eine kindzentrierte Erziehung, die die natürliche Entwicklung des Kindes unterstützt. Er betonte die Bedeutung von praktischem Lernen und empfahl Eltern und Erziehern, die Neugier der Kinder zu fördern.
Sein Einfluss lebt weiter
John Locke starb im Jahr 1704, aber sein Einfluss lebt weiter. Viele seiner Ideen sind heute noch genauso relevant wie damals, ob in der Diskussion über Menschenrechte oder in Überlegungen zur besten Art und Weise, wie Kinder erzogen werden sollten. Locke war zweifellos ein Mensch seiner Zeit, aber seine Ideen haben die Jahrhunderte überdauert und sind nach wie vor ein wichtiger Bestandteil unseres modernen Denkens zu Themen wie Freiheit, Gleichheit und Wissen.
Videos zu "John Locke"
Video: John Locke: Wie man freie Denker bildet
Länge: 6:02 Minuten
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Video: Schnell erklärt! John Locke
Länge: 6:33 Minuten
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In diesem Artikel erfährst du, was das Entscheiden mitunter so schwer macht und wie du Entscheidungen leichter treffen kannst.
Was ist der Nutzen, sich mit dem Thema zu beschäftigen?
- Wir gewinnen Zeit und Energie.
- Wir werden selbstbewusster.
- Wir werden als selbstbestimmter Mensch wahrgenommen.
- Wir treffen zumeist die bessere Entscheidung.
- Wir übernehmen Verantwortung und gehen "unseren" Weg.
Entscheide bitte, ob du weiter lesen willst. ;-)
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Eine Passage aus einem Brief von Epikur von Samos an Menoikeus ist hier ein hervorragendes Beispiel. Philosophie ist seiner Meinung nach die Schule des Glücks und hilft uns, die eigene Seele gesund zu erhalten.