Eine Eichhörnchen-Geschichte: die Legende vom Jaron-Kobel
Einst hatte Miss Rose ihr Zuhause bei einer Frau, die mit ihrem Sohn Gill in einfachen Verhältnissen lebte. Sie brauchte alle Zeit und Kraft, um ihren Sohn, Miss Rose und sich mit dem Notwendigsten zu versorgen.
Seit Wochen holte Miss Rose den kleinen Gill aus der Schule ab. Als sie an diesem Tag durch die Brombeerhecke an der Schule schlüpfte, sah sie, wie Gill von drei Jungen umringt war.
Der größte von ihnen sagte: "Deine blöden Ideen will doch keiner hören. Ein fliegendes Fahrrad; eine Uhr, die spricht. Pah! Du bist ein Trottel von armen Eltern. Du bist ein Spinner und wirst nie dazugehören."
Die drei Jungen zerrten Gill zur Dornenhecke und warfen ihn hinein.
Einer der Drei bespuckte Gill noch, bevor sie ihn alleine mit Miss Rose zurück ließen.
Abends schmierte Gills Mutter seine Wunden ein. Sie küsste ihren Sohn auf die zerkratzte Stirn und sagte: "Lass mich Dir eine traurig schöne Geschichte erzählen, lieber Gill. Mein Opa war Förster und er hat sie mir als junges Mädchen erzählt. Es ist die Legende vom Jaron-Kobel."
Miss Rose lag unter dem Bett und spitzte die Ohren.
Jaron war ein Eichhörnchen. Kein ganz normales, denn er hatte Höhenangst, was in seiner Gattung selten genug vorkam, weshalb sich seine Artgenossen oft genug über ihn lustig machten und auch die mitleidigen Blicke entgingen Jaron keineswegs.
Ein Eichhörnchen mit Höhenangst lebt gefährlich, denn es ist seinen Feinden wesentlich stärker ausgeliefert als seine Schwestern und Brüder, denn sie können vor Fuchs, Katze und Co. auf die Bäume fliehen.
Wann immer Jaron einen Artgenossen sah, rannte er zu ihm und fragte, wie es oben in den Bäumen sei. Ob es große Freude mache, in den Baumwipfeln hin und her zu jagen. Wie es sich anfühle zu springen und den Ast des nächsten Baumes zu erwischen, um auf diesem in luftiger Höhe weiter zu sprinten.
Selten bekam er brauchbare Antworten. Meist klangen sie hochnäsig und abweisend, was Jaron anfangs noch etwas weh tat. So wie das junge Eichhörnchen, das zu ihm sagte: "Warum soll ich Dich neidisch machen? Du musst doch am Boden bleiben, weil Du Angst hast."
Jaron träumte vom Leben in den Wipfeln, beschäftigte sich aber gleichzeitig mit dem Leben am Boden. Er befragte den Maulwurf, das Kaninchen, die Mäuse, die Mauereidechse und das Mauswiesel. Dann fing er an, eine Höhle unterhalb einer Steinmauer zu bauen. Das war sehr mühsam, denn für so etwas war Jaron nur bedingt talentiert. Ein Loch graben, um eine Walnuss zu verstecken, das war einfach. Aber einen Gang graben, das war etwas anderes. Aber Jaron war erfinderisch und fleißig und so baute er eine besondere Höhle oder, wie Eichhörnchen sagen, "einen besonderen Kobel".
Dieser Ort war nur durch ein Labyrinth von Gängen zu erreichen und hatte mehrere Fluchtwege. Außerdem hatte Jaron erfahren, dass Wildschweine manchmal die unterirdischen Vorratskammern der Mäuse riechen und dann den Boden mit ihrer Schnauze aufbrechen, um in einer Minute die Arbeit von Monaten zu zerstören und die lebensnotwendigen Vorräte zu fressen.
Das sollte Jaron nicht passieren. Außerdem war er in seinem unterirdischen Kobel vor dem Marder, der Katze und dem Uhu sicher.
Schnell sprach sich unter den Eichhörnchen herum, dass Jaron unter der Erde seinen Kobel hatte. Wie konnte man nur? Was für ein merkwürdiger Geselle, dieser Jaron!
Die Tage zogen ins Land und das Leben im Wald ging seinen gewohnten Gang. Jaron war schnell vergessen. Er lebte alleine in seinem Kobel, denn die Eichhörnchendamen waren nicht bereit für eine Kellerwohnung.
Eines Nachts im Sommer schreckte Jaron von nervenzerreißenden Schreien aus dem Schlaf. Er lauschte angespannt und hörte Geräusche, die sich anhörten, als zerbreche jemand Äste. Dann wieder diese Schreie und das Knacken.
Jaron raste durchs Labyrinth, um ins Freie zu gelangen. Versteinert blieb er stehen, denn die Nacht war gleißend hell und heiße Qualmschwaden brannten in seinen Augen. Der Wald war ein flammendes Inferno.
Jaron kletterte auf die Steinmauer und raste zur Linde, die am Ende der Mauer stand. Sie war umzingelt vom Feuermeer und es war nur eine Frage von Minuten, wann auch dieser Baum von der Feuerwalze erfasst wurde. Der Qualm biss Jaron in den Augen und es fühlte sich an, als wenn seine Schwanzhaare anfingen zu brennen.
Jaron blickte nach oben. Von dort kamen die panischen Schreie her. Er erkannte eine Gruppe von Eichhörnchen, die sich verängstigt aneinander klammerten.
Jaron rief ihnen zu. Er forderte sie auf, ihm in seinen Kobel zu folgen. Dort wären sie in Sicherheit. Doch die Eichhörnchen verharrten wie gelähmt. Die Feuerwand schob sich Meter für Meter dichter an den Baum. Es war unerträglich heiß. In einigen Minuten würde die Linde samt allem, was sich auf ihr befand, verbrennen.
Jaron konnte diese Vorstellung nicht ertragen und so stürmte er den Baum hinauf. Er blickte nicht nach unten. Er wollte keine Angst haben. Er ignorierte einfach, dass er in schwindelnder Höhe auf einem Ast lief.
Mit großen Augen blickten ihn die meist jungen Eichhörnchen an. Jaron redete auf sie ein. Sie sollten ihm endlich folgen. Aber sie klammerten sich nur noch fester aneinander. Verzweifelt schrie Jaron: "Verlasst sofort den Baum und folgt mir!" Er schrie es so laut, dass er das Dröhnen des Feuers übertönte. Da löste sich eines der Eichhörnchen von der Gruppe und rannte zitternd zu Jaron. Die anderen Hörnchen folgten dem Beispiel und gemeinsam stürmten sie mit Jaron in den sicheren Kobel.
Die Verängstigten hatten sich gerade erst zitternd im Kobel einen Platz gesucht, als Jaron erneut ein Schreien hörte. Eines der großen Eichhörnchen folgte ihm aus dem Kobel und sie rasten gemeinsam zur Linde. Der Baum brannte und das wilde Knacken schmerzte in ihren Ohren. Dann erblickten sie auf der Linde ein kleines Eichhörnchen, das sich an einen der wenigen noch nicht brennenden Äste klammerte.
Jaron raste den Baum hoch, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht. Er sprang von einem höher liegenden Ast zum kleinen Hörnchen. Der Ast hatte angefangen zu brennen und der buschige Schwanz des Kleinen war bereits angesengt. Jaron packte das Eichhörnchen und warf es auf einen Laubhaufen, wo das Große es in Empfang nahm.
Bei seiner Rettungstat kam Jaron aus dem Gleichgewicht. Halb fiel er, halb sprang er auf einen tiefer liegenden Ast. Gerade wollte er zum rettenden Sprung auf den Laubhaufen ansetzen, als unter lautem Krachen der große Ast oberhalb von ihm brennend in die Tiefe stürzte. Am Boden mussten die beiden geretteten Eichhörnchen mit ansehen, wie Jaron Opfer der Flammen wurde.
Das war die Legende von Jaron. Noch heute bauen Eichhörnchen geheime, unterirdische Kobel, die keiner außer ihnen findet. Kobel, die ihrer Sicherheit dienen und im Gedenken an Jaron, der sich für sie opferte, obwohl sie ihn gemieden und ausgelacht hatten.
geschrieben von Michael Behn
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Video: Eichhörnchen, Chipmunk, Ziesel & Co | Abenteuer Erde | WDR
Länge: 43:07 Minuten
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Video: Nüsse für die Eichhörnchen | Reportage für Kinder | Anna und die wilden Tiere
Länge: 24:15 Minuten
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Warum der Teufel angeblich manchmal ein Eichhörnchen ist
Wer seinen eigenen Weg gehen will, der hat es nicht immer einfach. Zweifler, Nörgler, Besserwisser ... und dann noch die eigenen Zweifel an der Richtigkeit des Weges - die Selbstzweifel. Hier findest du rund um das Thema "Selbstwertgefühl" und "den eigenen Weg gehen" Artikel und Anregungen auf blueprints.
Der Teufel ist ein Eichhörnchen – Vorurteile auch im Wald
Wenn wir sagen "der Teufel ist ein Eichhörnchen", dann meinen wir, dass das Übel, die Gefahren oder Probleme mitunter in unscheinbarer oder harmloser Form auftauchen. Es ist ein Hinweis für sich selbst oder andere, vorsichtig zu sein. Es kann sich also etwas schnell ändern bzw. im Harmlosen steckt mitunter eine Gefahr.
Teufel ist ein Eichhörnchen – Herkunft und Bedeutung
Das Eichhörnchen galt in früheren Zeiten, wo der Aberglauben noch vorherrschte, wegen seines roten Fells, seiner Haare am Ohr (die an Hörner erinnern) und seiner Gewandtheit als eine sichtbare Gestalt des Teufels. Denn genau diese Merkmale verbinden den Teufel und den kleinen Nager (siehe Bild).
Passende Artikel zum Thema "Selbstwertgefühl" auf blueprints
Nicht nur Jaron erfährt dies: Wer seinen eigenen Weg gehen will, der hat es nicht immer einfach. Zweifler, Nörgler, Besserwisser ... und dann noch die eigenen Zweifel an der Richtigkeit des Weges - die Selbstzweifel. Im folgenden Artikel geht es um "Selbstwertgefühl" und "den eigenen Weg gehen".
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